Ich nahm den sehr verhaßten Pfad

Ich nahm den sehr verhaßten Pfad, wo zwischen
modernden Teichen dich ein Hohlweg fängt;
wo Dunst von Unrat und verwesten Fischen
als Wolke über deinem Atem hängt;
wo immer Nacht ist; wo sich die Gedanken
wie Kröten ducken in das düstre Moor
und deine Wünsche sich mit widrig kranken,
geifernden Gliedern klammern an das Rohr.
Dort suchte ich das Letzte zu erschleichen,
ob es mir irgend noch beschieden sei,
in deiner frechsten Fratze zu erbleichen,
Mißton zu spein aus deinem Eulenschrei.
Ich suche dich in deiner letzten Öde,
in deiner Scham, in der dich keiner liebt,
ich aber suche noch die glücklos blöde
Grimasse, die dein Angesicht verschiebt,
und ich will lieben deine scheelste Schande,
der ich in deinem Stolz nicht leuchten darf,
und den sein Schicksal aus dem Morgenlande
erträumter Heimat als Enterbten warf.
Leicht ist es, dich im lichten Laub zu finden, –
ich will dich, wo du heillos häßlich bist,
feindselig und entstellt, mit gierig blinden,
tappenden Gesten abgefeimter List
Nachstellungen ersinnst und Hinterhälte
und nicht das eigne Königtum mehr kennst,
wo eine künstlich hingehaltne Kälte
die Flamme leugnet, drin du qualvoll brennst.
Ich suche dich in deinem schlimmsten Flecken.
dort, wo du wertlos und voll Ekel sinkst,
will ich für meine Demut dich entdecken,
daß du mit mir aus einem Scherben trinkst,
die schale Fäulnis trinkst, und doch derselben
lechzenden Durstbegierde einverleibt
dein Mund und meiner, und in schmutzig gelben
Lehmfurchen meine Spur an deiner bleibt;
mit dir ein Schade sein und ein Gebrechen,
die letzte Gnade, die ich mir erbat,
mit dir die lästerlichsten Zoten sprechen,
mit dir der Helfer widerlichster Tat:
doch irgendwie in deine Schlucht zu schlüpfen
und teilzuhaben, sei es, wo zuletzt
du dich verlierst, mich innig zu verknüpfen
dem Netz, in das der gleiche Haß uns hetzt,
ist Gnade vor der einsam blauen Lichtung,
wo Reinheit Rache wird am fernen Mond,
und noch mit dir Verrat und Selbstvernichtung
ist mehr als Ewigkeit, die einsam thront.

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