Geister in Flaschen

Für Rebecca

Gib bitte nicht auf, Du bist nicht allein,
Und lass alles hinaus, sieh meine Augen beben!
Fühle Dich mit mir in dem Leiden vereint;
Wenn unser Schreien beginnt, schreit auch das Leben!

Das Licht flackert aus, und wir fallen hinab;
Du wendest Dich ab, doch ich halte Dich fest!
Ich spüre Dich zittern, steige mit Dir ins Grab;
Wir stehen das durch – bis zum letzten Rest!

Reiß ihre Hand von den Lippen, führ mich tief in den Keller!
Sag mir, was Du siehst, und lass mich nicht blind!
Deine Worte sind leise, und Dein Herzschlag wird schneller;
In Deinen Augen, die suchen, erblick ich das Kind!

Geister in Flaschen schlafen in den Regalen;
Getrocknetes Blut auf dem Boden im Raum.
Die Tränen im Holz zeugen von Deinen Qualen;
Ich hab keine Angst – nimm mich mit in den Traum!

Die Gesichter sind tot und vom Schädel gefallen,
Sie kleben auf Flaschen, voll mit tödlichem Gift.
Hinter grünlichem Glas klaffen gierige Krallen;
Sie lassen Dich brennen auf ihrem sinkenden Schiff!

Harre aus und bleib hier – wir sehen das Licht!
Die Flammen erlöschen, und es bleibt unsre Hitze!
Wir sind ganz nah beieinander – ich sehe Dich!
Über unsere Körper zucken purpurne Blitze.

So soll es bleiben, für immer und immer –
Auf ewig vereint, hier im finstersten Reich!
Nebel aus Lust durchflutet das Zimmer,
Und wir füllen uns tief mit des anderen Fleisch!

Du gehst vor mir nieder, auf Deinen blutigen Knien,
Öffnest Augen und Mund, nimmst mich fest in die Wangen.
In der Nacht, als der Tod durch das Fenster schien,
Haben wir uns geboren aus dem tiefsten Verlangen!

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